Gesellschaft, Das Konformitätsgesetz

Gesellschaft:  Das Konformitätsgesetz     I.M.

Sie haben das sicher auch schon erlebt. Sie sitzen im Theater, es wird ein bekannter Klassiker gespielt, aber sie erkennen ihn nicht wieder. Dramaturgen, Regisseure und Choreographen haben das Stück modernisiert. Ihnen fehlt es an Kreativität, ein eigens Stück zu schreiben, darum müssen sie klassische Stücke neu erfinden bzw. hinterfragen; ich würde lieber sagen verhunzen. Eines der wichtigsten Stilmittel heutzutage ist, Schauspieler, nicht nur Frauen, sondern auch Männer, nackt auftreten zu lassen. Welch geniale Kunst können wir nicht oft genug sehen. Auch das Sich-auf-dem-Boden-herumwälzen sehen wir immer wieder gerne.

Einfache schauspielerische Regeln haben unsere modernen Inszenieure jedoch vergessen, z.B. daß der Schauspieler nicht vom Publikum abgewandt in die Kulissen redet oder Akteure nicht minutenlang in der rechten oder linken Ecke agieren, wo sie von den Zuschauern auf den jeweils anliegenden Seiten der Ränge nicht gesehen werden können.

Auch scheint es für unsere Theatermacher ohne Bedeutung, daß ein großer Teil des Publikums das gebotene Stück noch nie gesehen hat und vielleicht auch nie wieder sehen wird. Dieses Publikum möchte aber in die Welt des Autors und seine Zeit einsteigen und sie verstehen, es möchte sehen und hören wie die Leute zu der Zeit aussahen, wie sie sprachen und wie sie dachten.

Aber nein, unsere kulturellen Vormünder verordnen uns Klamauk. Das junge Publikum will Sex und Gegröle sehen und hören. Wirklich?

Am Schluß einer solchen Veranstaltung ist man frustriert und möchte den Beifall verweigern, aber da ist vorgesorgt; bestellte Jubelperser klatschen und jubeln frenetisch, stampfen mit den Füßen und pfeifen. Langsam schwillt die Beifallswelle an und pflanzt sich über die Ränge fort. Wer mag schon nicht klatschen, wenn der Nachbar klatscht?

Das gleiche Phänomen finden sie bei Talk-Shows und anderen öffentlichen Veranstaltungen. Speziell bei politischen, da gibt eine Einpeitschergruppe die gewünschte Richtung vor. Dies konnte man bei den Anti-PEGIDA-Veranstaltungen gut beobachten.

Der amerikanische Psychologe Solomon Asch hat das in einem Experiment (Konformitätsexperiment) bereits 1951 nachgewiesen: Er ließ eine Versuchsperson einen Raum betreten, in dem bereits eine Gruppe saß. Der Versuchsperson sagte Asch, daß es sich bei dieser Gruppe um andere freiwillige Teilnehmer handele. Allerdings hatte Asch die gesamte Gruppe vorher eingeweiht, sie waren seine Komplizen.

Dann zeigte Asch allen ein Bild mit mehreren Linien unterschiedlicher Länge. Jetzt sollten die Teilnehmer schätzen, welche der drei Vergleichslinien dieselbe Länge wie Linie X hat – was bei genauem Hinsehen nicht allzu schwer fällt. Zunächst sollten die Vertrauten von Asch ihre wahre Einschätzung in der Gruppe äußern. In diesem Fall gab die Versuchsperson fast immer die richtige Antwort.

Zwölf Mal stimmte die Gruppe jedoch falsch ab – natürlich absichtlich. Und was passierte? Das Gruppenurteil beeinflußte (Gruppendruck) die Versuchsperson erheblich. Durchschnittlich paßte sie sich in jedem dritten Fall der Mehrheit an.

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